FTD 27.11.2012, 12:36
Nicht nur Mitarbeiter beklauen Ihre Unternehmen
Studie zur Wirtschaftskriminalität:Immer mehr Manager beklauen ihr
Unternehmen
Diebe haben es in deutschen Unternehmen nicht so sehr auf Daten
abgesehen. Vielmehr interessieren sie sich eher für Handfestes. Dabei
greifen besonders die eigenen, leitenden Mitarbeiter zu, geht aus einer
Studie der Beratungsgesellschft KPMG hervor. von Andreas Albert
Mehr als die Hälfte der Großunternehmen ist in den vergangenen zwei
Jahren Opfer von Wirtschaftskriminalität geworden. Bei mittelständischen
Unternehmen war jedes vierte betroffen. Das ist das Ergebnis einer
Studie des Beratungsunternehmens KPMG unter 300 mittelständischen und 32
der 100 größten Unternehmen in Deutschland.
Demnach werden in Deutschland jedes Jahr knapp 675.000
wirtschaftskriminelle Delikte begangen. Die Höhe des Schadens liegt bei
durchschnittlich 300.000 Euro im Jahr pro betroffenem Unternehmen oder
30.000 Euro pro Fall.
Die Gefahr komme häufig aus dem eigenen Unternehmen. 48 Prozent der
Täter sind Mitarbeiter. "Vor allem in inhaber- und familiengeführten
Unternehmen gibt es eine Kultur des Vertrauens", schreibt Frank Weller,
Leiter Forensic bei KPMG. "Die Studie bestätigt unsere Erfahrung aus der
Praxis, dass hier oft grundlegende Kontrollmechanismen wie die
Funktionstrennung oder das Vieraugenprinzip sträflich vernachlässigt
werden."
So würden sich häufig gerade jene Mitarbeiter zu einer Gefahr
entwickeln, auf die die Konzernführung sich in besonderer Weise
verlassen würde. Hinzu komme, dass knapp die Hälfte der Delikte in
mittelständischen Unternehmen nur zufällig aufgedeckt würden. Die
Aufklärung durch interne Kontrollsysteme sei stark rückläufig und liege
nur noch bei 40 Prozent.
Als größte Gefahrenquelle würden die Unternehmen Datendiebstahl und
Datenmissbrauch sowie die Verletzung von Schutz- und Urheberrechten
vermuten. Allerdings stimme hier die Wahrnehmung nicht mit der Praxis
überein, denn die häufigsten Delikte seien mit 65 Prozent Diebstahl und
Unterschlagung gewesen, gefolgt von Betrug oder Untreue mit 37 Prozent.
Fälle von Datendiebstahl und Datenmissbrauch seien hingegen auf 31
Prozent zurückgegangen. Die Verletzung von Schutz- und Urheberrechten
liege bei 17 Prozent. Der Anteil an Korruptionsdelikten hätte sich
weiter reduziert auf jetzt sechs Prozent.
Täter kommen oft aus dem Management
Die befragten großen Unternehmen werden am häufigsten Opfer von
Diebstählen und Unterschlagungen, die 32 Prozent der Fälle ausmachen.
Hinzu kommen Betrug und Untreue mit 24 Prozent. Geldwäschedelikte machen
17 Prozent der Taten aus. Am stärksten betroffen seien in den
vergangenen zwei Jahren Vertrieb und Lager beziehungsweise Logistik.
Dabei komme gut die Hälfte der Täter aus dem Management. "Der 'typische'
Täter ist auch hier oft lange im Unternehmen und zudem in der Hierarchie
relativ weit oben. Er kennt die Prozesse ganz genau und kann
Kontrollmechanismen dadurch viel leichter umgehen", schreibt Frank
Hülsberg von KPMG. Externe Täter wie Lieferanten und Kunden würden für
ein Drittel der Fälle verantwortlich sein. Verbreitet sei dabei das
Zusammenspiel von internen und externen Tätern.
Anders als bei den mittelständischen Unternehmen stimme die
Risikowahrnehmung bei Großunternehmen viel eher mit der am Gesamtschaden
ausgemachten konkreten Bedrohung überein. Nur bei der Deliktart der
Kartellrechtsverstöße sei das tatsächliche Risiko höher als von den
Unternehmen angenommen.
Als Sanktionen würden mit 83 Prozent vor allem arbeitsrechtliche
Konsequenzen verhängt. Strafrechtlich würden 67 Prozent der Fälle
verfolgt. "Neben den materiellen Schäden darf auch der
Reputationsverlust nicht unterschätzt werden", sagt Hülsberg. Es sei
daher eine elementare Führungsaufgabe, Fehlverhalten deutlich und
sichtbar zu sanktionieren.