Sehr geehrter Herr Kryptolos,
ich möchte mich nochmals für unser sehr
interessantes Gespräch bedanken. Vielen Dank auch dafür, das Sie aus
dem Nähkästchen Ihrer langen Erfahrungen auf diesem geheimnisvollen
Gebiet Informationen und Zusammenhänge erläuterten, die im
Allgemeinen wenig beachtet wurden. Doch haben sie eine Wirkung auf
die Informationssicherheit.
Sie sagten, ich glaube auch ganz zu Recht, das
unter dem Namen später bekannt gewordene deutsche Chiffriergerät
„Enigma“ stellte zu seiner Zeit eine innovative Lösung dar. Dies muß
man natürlich unter den Bedingungen sehen, die damals auch auf der
Seite der Dekryptierung bestanden. Könnte man diesen Zusammenhang,
zwischen der Entwicklung / Einsatz eines Chiffriergerätes und dem
wachsenden Möglichkeiten der Dekryptierung einen zeitlichen
Zusammenhang sehen, man kann dies.
Damit könnte man auch die vielen Erfahrungen
des Einsatzes der Enigma auch auf heutige Systeme übertragen, ja,
auch hier besteht diese Möglichkeit.
Damals wurde das Gerät für einen „breiten“
Einsatzbereich entwickelt. Verstehen Sie bitte unter „breitem
Anwendungsbereich“ die damaligen Möglichkeiten nach dem ersten
Weltkrieg und den Deutschland auferlegten Zwangsmaßnahmen. Deshalb
musste man auch die Karte spielen und einen dualen Einsatz zu
ermöglichen.
Man sollte aber auch dabei beachten, welchen
Wert die „chiffrierten Informationen“ hatten.
Sie umfassten das breite Spektrum der
Wirtschaftsinformationen bis hin zu klassifizierten Informationen
verschiedenster Anwender.
Heute, da viele „Chiffriersysteme“ im Einsatz
sind, werden nur die Wenigsten, die Qualität der Enigma, zu ihrer
Zeit erreichen. Natürlich, immer unter Beachtung des Zeitbezuges.
Und der zweite Aspekt ist, ob diese Systeme –
viele der heutig eingesetzten Systeme - überhaupt für Informationen
mit diesem Informationswert eingesetzt werden könnten. Dies jetzt
unter dem Aspekt der heutigen Möglichkeiten der Dekryptierung, was
ich stark bezweifeln möchte. Sie haben leider Recht. Die Kunst der
Chiffrierung ist in Deutschland leider versandet, wie auch vieles
Andere auch.
Aber lassen Sie uns auf die Enigma
zurückkommen. Sie war bei ihren Entstehen ein innovatives System.
Dann geschah etwas, was in seinem Kontex, bis
heute nicht umfassend aufgearbeitet wurde.
Dieses Geräte erreichte einen Verbreitungsgrad,
der weit über seine Möglichkeiten hinaus ging. Heute lässt sich
darüber reden. Die Gründe hierfür haben vielfältige Ursachen. Einige
haben gar nichts mit dem System Enigma zu tun aber sie waren eine
Grundlage für die Erfolge der Dekryptierung. Darüber hinaus gab es
weitere Aspekte die Organisation der Schlüssel u.a. zurückzuführen
sind.
Dies betrifft die Größe der Schlüsselbereiche.
Wie wir seit vielen Jahren wissen, wurden vorrangig die
Schlüsselbereiche geknackt, in denen sich viele Sender / Empfänger
organisiert hatten. Die auch gleichzeitig einen entsprechenden
Funkverkehr durchführten. Vielleicht wäre weniger Funkverkehr
günstiger, aber vielleicht brauchte man schnell viele kurzfristige
Meldungen. Dieser Funkverkehr emulgierte eine sehr große Menge an
Rohmaterial mit den sich daraus ergebenen entsprechenden
Möglichkeiten für die Dekryptierung. Im Gegensatz zu den vergangenen
Zeiten, sagen wir vom Mittelalter angefangen, wäre das kein Problem.
Sieht man mal ab, das es zu dieser Zeit noch keine Funktechnik gab,
aber das Wissen ja die Wenigsten. Aber zu dieser Zeit sah es anders
aus. Das Rohmaterial, das tagtäglich herein kam, war ein Schatz, den
es zu heben galt.
Dieser Schatz wurde sehr schnell an eine
Zentrale geschickt. Um dies zu bewerkstelligen, war ein beachtlicher
Aufwand erforderlich und es musste sehr schnell gehen. Jeder Tag
bedeutete Verluste.
Es waren nicht nur die Rohmaterialien
interessant, sondern auch die „Absender“ der Informationen. Die aus
der Nachrichtenverkehrsanalyse gewonnen Informationen sind
gleichermaßen interessant.
Die weitere Verarbeitung war ein Werk von
Wissenschaftler der verschiedensten Fachrichtungen sowie einem
umfangreichen Personenkreis. Trotz der Vielzahl von Menschen wurde
das Geheimnis des erfolgreichen Eindringen in das System Enigma
lange Zeit bewahrt.
Die hier eingehenden Rohmaterialien konnten mit
unterschiedlicher Geschwindigkeit gelesen werden. Das auch mal
länger dauerte, das lag an technischen Veränderungen an der Enigma.
Sie konnten jedoch nur einen zeitweisen Vorsprung erzielen. Das
diese Erfolge erzielt wurden, ist ua, auch auf eine ganze Reihe von
Anwendungen und Verwendungen in der Entwicklungsgeschichte des
Systems zurückzuführen. Aber auch auf die Tatsache, der Erbeutung
von Systemen mit dem Gerät und alle dazugehörigen Schlüsselmittel
und Bedienanleitungen sowie Gebrauchsanweisungen.
Diese Aktivitäten konnten nur erfolgreich
durchgeführt werden, weil der Wert dieser Informationen fast extrem
hoch war. Er beginnt bei den Geleitzügen mit seinen Schiffen, über
die Besatzungen bis hin zu den Gütern die auf diesen Schiffen
transportiert wurden.
Man kann heute sagen, da war der erste Krieg um
Informationen. Dieser Kampf um Informationen stellte alles bis dahin
in den Schatten. Es ging um Milliardenwerte, die bis heute keiner
berechnet hat. Und der Kampf um Informationen wird fortgesetzt !
Sie sagten, um da ENIGMA
„Enigma“ zu verstehen,
darf man nicht nur das Gerät und seine Schlüsselmittel sehen,
sondern auch die Wechselbeziehungen zu den bearbeiteten
Informationen, dem Wert der Informationen für die eine Seite und für
die andere Seite. Dabei können die Bewertungen recht unterschiedlich
sein, wie ja die Entwicklung im 2. Weltkrieg zeigte, dann gelten
auch heute noch die gleichen Postulate, wie damals ? Eindeutig, ja.
Auch wenn heute Alles kleiner und schneller
geworden ist, die Welt sich als global aufgestellt haben will, so
gelten sie auch noch heute,
Ihre Worte machen mich nachdenklich !
Erst mal, meinen Dank für das Gespräch, das ich
glaube, wir sollten es fortsetzen, denn wer die Historie nicht
kennt, wiederholt mit hoher Sicherheit immer wieder die gleichen
Fehler. Auch wenn er es nicht wahr haben will.
Vielen Dank für dieses fiktive Gespräch Herr
Kryptolos, auch die moderne Kryptologie hat eine Vergangenheit, es
gab Erfolge und es ergab Misserfolge. Wir glaubten an Erfolge, weil
Andere uns nicht informierten über unsere Misserfolge. Das ENIGMA
„Enigma“ ist dafür ein gutes Beispiel. Aber glauben Sie mir, es war
nicht das Letzte.